Bisher hatte ich nur eine passive Zirkulation (ohne Zirkulationspumpe), weil ich glaubte, damit zumindest die Stromkosten für das Pümpchen zu sparen. Aber die Messung zeigt klar, dass die Stromenergie für die Zirkulationspumpe eigentlich vernachlässigbar im Vergleich zu den Wärmeverlusten der Ringleitung durch die natürliche Zirkulation ist.
Ein Stillegen der Ringleitung wäre eine wenn auch unkomfortable Lösung, allerdings wäre bei mir ein hoher Installationsaufwand notwendig.
Ein einfaches Unterbrechen der Ringleitung ist auch nicht anzuraten, weil in den toten Leitungen eine Gefahr für Legionellen enstehen könnte.Die erste Idee, die Wärmeverluste zumindest nachts zu reduzieren, wäre ein Schaltventil im Warmwasser-Rücklauf. Besser schien mir aber die Installation einer kleinen Zirkulationspumpe in Verbindung mit dem meist bereits in der Pumpe integrierten Rückschlagventil: wenn die Pumpe nicht läuft, dann entsteht auch keine natürliche Zirkulation.Die Frage war nun, wie die beste Schaltstrategie für die Zirkulationspumpe ist. Einfach zu bestimmten Tageszeiten einschalten ist zwar eine Lösung, aber für einen Homematiker zu simpel! Im Internet kursieren die wildesten Vorschläge für eine bessere Steuerung der Zirkulationspumpe: Das beginnt mir Differenzmessung der Temperaturen im Vor- und Rücklauf und geht bis zu aufwendigen Durchflussgebern, die den Wasserbedarf detektieren.
Ich habe mich für eine sehr einfache Methode entschieden(Bild 1).Mit nur einem Temperaturfühler ( kann der billigste NTC-Widerstand sein) wird am Warmwasser-Vorlauf nur die Änderung der Temperatur ausgewertet. Die absolute Temperatur ist unerheblich. Wenn nun an einem Wasserhahn warmes Wasser gezapft wird, dann erwärmt sich am WW_Speicher-Auslauf schlagartig das Vorlauf-Rohr. Mit einem NTC-Temperatursensor, der natürlich innig mit diesem Kupferrohr verbunden sein muß, kann die Temperatürerhöhung der Vorlauftemperatur in weniger als einer Sekunde erkannt werden. Davon ausgelöst wird dann die Zirkulationpumpe solange eingeschaltet, bis keine Temperaturänderung mehr vorliegt. Einige Versuche und Messungen an meiner Heizung haben gezeigt, dass dies ein sehr gute Steuerungsstrategie ist.Wie nun realisieren und möglichst mit Standard-Homematic- Komponenten??
Das Problem ist die schnelle Temperaturmessung! Übliche drahtlose Homematic-Sensoren scheiden aus , da viel zu langsam. Die Verwendung eines analogen Einganges vom HMW-IO-12-Sw14-DR war schon deutlich besser, aber immer noch zu langsam, um schnell bei Aufdrehen des Wasserhahns die Zirkulationspumpe einzuschalten.Auch wären komplexe Skripte notwendig, um aus dem Signal mit einem mehr oder weniger aufwendigen Algorithmus ein Schaltsignal zu erzeugen.Die Lösung war der Selbstbau einer simplen Elektronik, die aber auch von Homematic-Aktoren schaltbar sein sollte.Das Bild zeigt den Schaltplan meiner Steuerung. Die verwendeten „Wald und Wiesen“-Bauteile kosten weit unter 10€. Der Pfiff der Schaltung ist, dass zur Messung der Temperaturänderung das Spannungssignal vom NTC-Temperatursensor einfach nur differenziert wird. Das Differential berechnet der Inverter I1 (CMOS-IC HC 4069), der hier als analoger Operationsverstärker „missbraucht“ wird. Bei konstanter Temperatur ist die Spannung am Ausgang von I1 die halbe Versorgungsspannung, also hier 2,5V. Verändert sich die Temperatur mehr oder eniger schnell, dann schlägt die Inverterspannung deutlich verstärkt nach oben oder unten aus. Das wird dann im nachfolgen Schmitt-Trigger (I2 und I3) zu einem sauberen Schaltsignal umgeformt.Die nachgeschalteten Inverter I4, I5 und I6 bräuchte man eigentlich nicht mehr, aber ich habe noch eine mit dem Jumper J1 zuschaltbare Schaltzeitverlängerung eingebaut.
Die komplette Schaltung wurde in einen Kleinverteiler eingebaut:
Geschaltet wird ein 24V-Relais, welches die Netzspannung für die Zirkulationspumpe einige Zeit einschaltet, bis die Auslauftemperatur wieder stabil ist. Die Gerätchen schaltet also nur , wenn vorher einige Zeit nicht gezapft wurde bzw. die Zirkulationsleitung abgekühlt ist und eine schnelle Bereitstellung von warmem Wasser wichtig ist.
Wenn längere Zeit warmes Wasser verwendet wird , beispielsweise beim Duschen, dann läuft die Zirkulationspumpe nur zu Beginn , schaltet dann aber nach einiger Zeit wieder ab, weil sie ja auch nicht gebraucht wird!
Ein Homematik-Schalter wird noch eingesetzt, um einmal wöchentlich zeitgleich mit der Desinfektionsphase meiner Heizung die Zirkulationsleitungen mit heissem Wasser (65C) gegen Legionellen durchzuspülen.
Ob und wieviel die neue Lösung an Energie einspart, das werde ich in nächster Zeit „loggen“.
Jedenfalls bin ich begeistert, wie mit meiner Wasserleitung als Fernsteuerung die Zirkulationspumpe rasend schnell eingeschaltet wird. Hätte ich so nicht erwartet!
Bleibt anschliessend für den geneigten Nachbauer noch die Warnung, dass man hier mit Netzspannung hantiert und die einschlägigen Regeln einzuhalten sind. Ich übernehme keinerlei Haftung!
Ergänzungen nach ersten Messungen:
Alt-System:
Meine Heizung ist eine Buderus 132T mit integriertem 160l Warmwasserspeicher. Zur Versorgung der Zapfstellen mit Warmwasser hatte ich bisher nur eine Zirkulationsleitung mit Schwerkraftzirkulation. Die hat bisher ihren Komfortzweck ganz gut erfüllt, aber zirkuliert natürlich dauernd, was nach den vorliegenden Messungen doch erhebliche Verluste bedeuten.
Neu-System:
Ergänzt habe ich jetzt die Zirkulation mit einer Zirkulationspumpe mit integrierter Schwerkraftbremse (Rückschlagventil) vom Typ Wilo Star Z Nova A. Dazu kommt die intelligente Steuerung wie oben beschrieben, die die Pumpe nur beim eigentlich recht seltenen Wasserzapfen einschaltet. In den Pausen steht das Wasser in der Zirkulation wegen der Schwerkraftbremse.
Die Langzeit-Messungen erfolgten komfortabel mit dem Historian.Die folgenden Bilder zeigen nur die Ergebnisse:
Diese erste Messung zeigt beim Alt-System den Temperaturverlauf im Warmwasserspeicher in einem typischen Temperaturbereich, ohne dass Wasser gezapft wird. Aus der Abkühlung lässt sich einfach die abgegebene Verlustenergie ausrechnen. Daumenregel: Um 1l Wasser um 1C zu erhitzen ist etwa 1,17Wh notwendig
(siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Eigenschaften_des_Wassers#Spezifische_W.C3.A4rmekapazit.C3.A4t
Damit ergibt sich bei meinem Alt-System im schlafenden Betrieb eine kontinuierliche Verlustleistung von 128W !!! Soviel hätte ich nicht erwartet. In diesem Zusammenhang über die geringe elektrische Leistung der Zirkulationspumpe zu philosophieren macht dann wenig Sinn.
Jetzt noch eine Extrembetrachtung:
Nach dem Einbau meiner neuen Zirkulationspumpe habe ich ebenfalls Messungen der thermischen Verlustleistung des gesamten Systems mit dauernd laufender Pumpe gemacht. Insgesamt verliert in diesem Betriebszustand der Speicher je Stunde etwa 3gradC. Daraus ergibt sich eine Verlustleistung von sage und schreibe 562W!! . Jetzt kann man verstehen, dass schon eine einfache Schaltuhr, die nur einige Stunden die Zirkulationspumpe einschaltet, sehr viel bringt.
Die gleiche Messung an meinem intelligenten Neu-System zeigt, dass die Verlustleistung im schlafenden Betrieb nur 60W ist.
Vergleichen wir mal die verschiedenen Betriebsarten bei meinem Heizsystem, ohne dass Wasser gezapft wird :
Gegenüber meinem Alt-System ergibt sich für mich eine jährliche Einsparung von etwa 36€. Gegenüber einer typischen Lösung mit Schaltuhr wäre die Einsparung über 110€.
Jeder kann sich so ausrechnen, ob sich die Investition lohnt. Für mich war das auf jeden Fall sinnvoll, da ich die Umrüstung selbst gemacht habe und nur Material ( Pumpe 100€, Anschlüsse 30€, Elektronik 10€) bezahlen musste. Der Spass war es mir jedenfalls wert.
Und wenn man schon einen erheblichen Betrag für seine Hausautomation ausgegeben hat, dann sollte m.E. auch so eine Funktion automatisiert sein (… ohne manuellen Schalter und so!)
Haftungs- und Sicherheitshinweise
Beim Nachbau müssen natürlich alle wichtigen einschlägigen Sicherheitsvorschriften für den Umgang mit gefährlichen Spannungen eingehalten werden. Fundierte theoretische und praktische Fachkenntnisse der Elektrotechnik und für den Umgang mit gefährlichen Spannungen sind unverzichtbar!!
Durch eine unsachgemäße Installation gefährden Sie ihr Leben und das Leben ihrer Mitmenschen! Darüberhinaus riskieren Sie erhebliche Sachschäden , welche durch Brand etc. hervorgerufen werden können ! Für alle Personen- und Sachschäden durch falsche Installation etc. ist nicht der Hersteller sondern nur der Betreiber verantwortlich.
Ich verweise hier unbedingt auf die „Sicherheitshinweise und Haftungsausschluss„-Seite dieses Blogs. Auch die notwendigen Eingriffe in das Heizungssystem dürfen nur von ausgebildeten Fachpersonal durchgeführt werden. Es sind die geltenden Sicherheitsvorschriften und die DVGW-Richtlinien einzuhalten.